Genehmigungsverfahren verhindern schnellen Glasfaserausbau

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„Ohne beschleunigte Genehmigungsverfahren geht es nur im Schneckentempo weiter. Der flächendeckende Glasfaserausbau bis 2030 kann so nicht gelingen“

29.09.2022

Mit der Reform des Telekommunikationsgesetzes (TKG) wurde das Recht auf schnelles Internet, unabhängig vom Wohn- und Geschäftsort, vom Bundestag beschlossen. In der Praxis gibt es jedoch bürokratische Hürden, die den Netzausbau ausbremsen. RFT-Geschäftsführer Stefan Tiemann wirbt für eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren. Warum nur über diesen Weg die geforderten Breitbandziele erreicht werden, erklärt der regionale Netzbetreiber im Interview.

Welche Herausforderungen beim Netzausbau sehen Sie aktuell?

Zum einen sind die Planungsprozesse für Ausbauprojekte sehr umfangreich. Hinzu kommen äußere Einflüsse wie fehlende Tiefbaukapazitäten, Lieferengpässe und ungünstige Wetterlagen. Auch unerwartete Ereignisse, ein Beispiel ist die Coronapandemie, können zu mehrmonatigen Verzögerungen beim Glasfaserausbau führen. Die Glasfasererschließung erweist sich in der Praxis häufig als langwierig. Das ist mein Fazit nach über 20 Jahren im regionalen Breitbandausbau.

Gibt es aus Ihrer Sicht weitere Gründe, die einen schnellen Netzausbau verhindern?

An einem Genehmigungsprozess sind viele Akteure beteiligt, darunter die Städte, Gemeinden und Ämter, Landesbehörden, die Fachdienste der Landkreise und Kommunen sowie Planungsbüros. Es müssen mehrere tausende Kilometer Leitungsbau, Durchführungen unter Autobahnen sowie Bahnstrecken und Standortgenehmigungen für Kabelverzweiger (KVz), Multifunktionsgehäuse (MFG) und Points of Presence (PoP) geplant und genehmigt werden. Die Genehmigungszeiträume dafür liegen oft zwischen sechs und neun Monaten. Das ist sehr lang, hat aber auch Gründe. So stehen Informationen nicht allen Beteiligten in Echtzeit zur Verfügung und können nicht zentral abgerufen werden. Ebenfalls problematisch: In einem Amt werden je nach Abteilung mitunter Gesetze, Richtlinien und Bestimmungen unterschiedlich interpretiert und ausgelegt.

Wie kann man mit beschleunigten Genehmigungsverfahren an Tempo gewinnen?

Eine Lösung sind digitale Antrags- und Genehmigungsverfahren auf der Basis von Geodaten, die für jeden Landkreis bzw. kreisfreie Städte vorliegen. Im klassischen Verfahren müssen die Anträge und Planungsunterlagen bei jedem beteiligten Genehmigungsträger einzeln eingereicht werden. Dadurch kommt es zu einem sehr zeitintensiven Abstimmungs- und Beteiligungsverfahren. Vereinfacht gesagt, der Antrag wandert zwischen Behörde und Antragsteller hin und her. Abhilfe würde da z. B. ein Geodatenportal schaffen, auf das alle Beteiligten zugreifen können und in dem verfügbare Daten wie Luftbilder, Naturschutzdaten, B- und F- Pläne usw. abrufbar sind. Das schafft von Anfang an Transparenz für alle Verfahrensbeteiligten, beschleunigt den Genehmigungsprozess und ist zudem umweltfreundlich, weil viele Tonnen Papier eingespart werden.

Können Sie ein solches digitales Genehmigungsverfahren kurz skizzieren?

Es gibt bereits vereinzelt Landkreise, die Genehmigungsverfahren erfolgreich digitalisiert haben, wie die Uckermark beispielsweise. Alle Genehmigungsbeteiligten greifen auf ein Datenportal zu. Die Anwendung ist webbasiert, d.h. die Installation von Software oder die Vergabe von Lizenzen ist nicht erforderlich. Im Portal sind sämtliche verfügbaren Daten hinterlegt, wodurch eine frühestmögliche Beteiligung aller Entscheidungsträger geben ist. Über eine Ampel- bzw. Kommentarfunktion werden Anmerkungen oder Änderungen in Echtzeit angezeigt und die Genehmigungsbeteiligten informiert. Dadurch das alle Beteiligten auf die gleichen Datenbestände zugreifen, würde das Genehmigungsverfahren nicht nur beschleunigt, sondern auch vereinheitlicht. Das wäre eine Win-win-Situation für alle Beteiligten.

Der Beitrag wurde im FORUM - Das Brandenburger Wirtschaftsmagazin veröffentlicht, dem offiziellen Organ der Brandenburger Industrie- und Handelskammern Cottbus, Ostbrandenburg und Potsdam.

 

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